Eine wasserdichte Geschichte

TITELTHEMA AUS DER AUSGABE September/Oktober 2016

„Nur“ einen Teich abdichten. Was zunächst eine rein bautechnische Aufgabe schien, das entwickelte sich im Planungs- und Bauverlauf zu einer komplexen landschaftsarchitektonischen Lösung. Wie sich das Zusammenspiel von Planern, beratenden Fachdisziplinen, ausführenden Firmen und Bauherr zu einem überzeugenden Ergebnis entwickelte, zeigt sich am Beispiel des Fuldaer Schlossgartenteichs.

 
Der Schlossgartenteich in Fulda nach  der Umgestaltung.
Der Schlossgartenteich in Fulda nach der Umgestaltung.

Die Ausgangslage

Der Schlossgarten ist das grüne Herz der Stadt Fulda, und ein besonderer Anziehungspunkt darin ist der Schlossgartenteich. 1994, zur ersten Landesgartenschau in Fulda, wurde er aufwendig saniert. War sein Ufer vormals naturnah gestaltet, wurde das Wasserbecken aufgrund der bei Grabungen gefundenen alten Fundamente nun einem barocken Oval nachgeformt. Der Teich erhielt eine Lehmabdichtung, eine umlaufende Betonmauer mit Betonabdeckstein bildete die Einfassung. Und insgesamt 33 Fontänen zauberten ein attraktives Wasserspiel.

20 Jahre später hatte der Zauber seinen Reiz verloren. Die Lehmabdichtung des Teiches war infolge eines Grundbruchs undicht geworden. Der Wasserverlust belief sich im Durchschnitt auf acht Kubikmeter täglich. Die Einfassung zeigte Risse. Jeden Herbst musste das Wasser abgelassen werden: Einerseits um große Menge Schlamm und Algen zu entsorgen, unter anderem bedingt durch den Laubeintrag der umstehenden alten Bäume. Andererseits um Schäden an der Einfassungsmauer durch möglichen Eisdruck zu verhindern. Außerdem entsprach die schwimmende Fontänenanlage nicht mehr den heutigen Sicherheitsbestimmungen. Die Pumpen lagen im Wasser und wurden mit 220 Volt betrieben. Im Herbst mussten sie aufwendig abgebaut und gereinigt werden. Eine Brunnenstube fehlte. Darüber hinaus bot der leere Teich über die Wintermonate einen unattraktiven Anblick.

Was wollte der Bauherr?

Die Zielvorgabe der Stadt Fulda als Bauherr lautete also: Den Teich abzudichten, den alten Baumbestand und die Einfassungsmauer zu erhalten, das Wasserspiel und die technische Ausstattung zu erneuern. Die Aufenthaltsqualität, insbesondere der Sitzplätze, sollte verbessert werden. Außerdem bestand der Wunsch, den Schlossgartenteich im Winter als „Natureisbahn“ nutzen zu können.

Beauftragt mit einer Machbarkeitsstudie erarbeitete das Fuldaer Büro Mann Landschaftsarchitektur zwei Vorschläge: Variante A konzentrierte sich auf die Sanierung der beanstandeten Bereiche und sah eine konventionelle Wasseraufbereitung (chemisch/physikalisch) vor. Bei Variante B stand der naturnahe Umbau im Fokus mit einer biologischen Wasseraufbereitung und dem Einbau eines Holzdecks.

Die Stadt entschied sich für Variante B. Wenn diese auch deutlich teurer war, versprach sie doch eine ökologische Aufwertung, eine verbesserte Wasserqualität, eine Erhöhung der Aufenthaltsqualität und die Nutzung des Weihers als Eisbahn. Machte die Winternutzung die Planung auch komplizierter, so entstand doch auch ein positiver Nebeneffekt: Dieser Mehrwert war die Grundvoraussetzung, um für die Neugestaltung Fördermittel aus dem Städtebauförderprogramm „Aktive Kerne in Hessen“ beantragen zu können.

Der Bauablauf

 Die Lehmabdichtung wurde entfernt und der Teich um 30 Zentimeter vertieft. Begrenzender Faktor war hier der Ablauf. Die Erhöhung des Wasservolumens dient der Stabilisierung des Ökosystems und reduziert das Algenaufkommen. Eine zunächst beabsichtigte Asphaltabdichtung des Teichbodens wurde wieder verworfen, der Einbau der Tragschicht und der Anschluss an die Betonmauer gestalteten sich als zu schwierig. Letztendlich wurde der Weiher mit einer 1,5 Millimeter starken Teichfolie (PVC) abgedichtet, wobei die Folie unterhalb des Abdecksteins der vorhandenen Teicheinfassung angebracht wurde. Ein fünf Zentimeter starker Schutzestrich verhindert Beschädigungen der Folie. An der Einfassungsmauer schützen eine vier Millimeter starke PE-Bahn und Folienblech die Abdichtung.

 

DAS PROJEKT IN ZAHLEN

  • Gesamtfläche: 3.000m²
  • Wasserfläche ingesamt: 1.738m²
  • Regenerationsbereich (Tiefwasser): 204m²
  • Regenerationsbereich (Flachwasser): 318m²
  • Fläche Holzdeck: 103m²
  • Länge der Holzsitzbank: 11m
  • Folie zur Teichabdichtung: 1.985m²
  • Filter-/Teichsubstrate: 317t
  • Drainrohre zur Durchströmung; 490m
  • Druck- und Saugleitungen für Durchströmung: 800m

Die biologische Wassereinigung erfolgt über bepflanzte, durchströmte Bodenfilter in den Randbereichen des Teiches. Zwischen Entwurf und Ausführung wurden diese Flachwasserbereiche an einigen Stellen (nicht vor der Terrasse und im Bereich der Fontäne) noch durch nichtdurchströmte Tiefwasserbereiche ergänzt. Diese Tiefwasserbereiche, bepflanzt mit Seerosen, sind wichtig für das ökologische Gleichgewicht. Insgesamt wurden circa 3.000 Wasserpflanzen gepflanzt. Die Uferzone wurde so gestaltet, dass die Einfassung bei Eisdruck im Winter nicht beschädigt wird. Der Teich bleibt nun ganzjährig befüllt, und das Wasser ist klar. In diesem Jahr wurde der Weiher das erste Mal durch die Firma Niklas Sobotta gereinigt. Nach den ersten Erfahrungen soll die Reinigung im zweijährigen Turnus erfolgen.

Ursprünglich sah der Entwurf drei, als Holzplateaus ausgebildete Sitzplätze vor. Aus Kostengründen entschied man sich aber für ein einzelnes, großes Holzdeck mit einer Länge von 22 Metern, das frei über die Wasserfläche auskragt. Mit seinem schlichten, modernen Design bildet es einen Kontrast zum historischen Park. Das Holzdeck aus FSC-zertifiziertem Bilinga ist nach Süden ausgerichtet und wird so zur großen Sonnenterrasse mit direktem Zugang zum Wasser. Trotz seines Minimalismus bietet es ganz verschiedene Sitzmöglichkeiten und wird von den Bürgern, ob jung oder alt, intensiv genutzt. Im Winter ermöglicht es den Einstieg auf die Eisfläche.

Um die Lage, die Proportion sowie die Blickbeziehungen von und zu diesem Holzdeck perfekt zu bestimmen, simulierten die Landschaftsarchitekten seine Position vorher vor Ort mit Papier. Das Deck liegt teilweise auf der Einfassungsmauer auf, da der Baugrund aber zu schlecht war, wurde in Absprache mit dem Bodengutachter rückwärtig noch ein weiteres Fundament errichtet. Das Deck hat ein leichtes Gefälle nach hinten, damit es sich bei Belastung durch viele Besucher zum Wasser hin nicht durchbiegt.

Das alte Wasserspiel wurde durch eine zentral positionierte Fontäne mit mehreren seitlich angeordneten kleineren Fontänen ersetzt, das sogenannte Wasserschloss. Die Fontäne bleibt im Becken, zu Saisonende müssen nur die Düsen abgeschraubt werden. Ein pfiffiges Detail: Um die Wartung zu erleichtern, wurde in Rücksprache mit dem Pflegepersonal ein Damm aufgeschüttet, so ist die Fontäne (mit Wathose) zu Fuß erreichbar.

In der neuen unterirdischen Brunnenstube sind die Technik für die biologische Wasseraufbereitung, die Pumpentechnik für die Fontäne und die Elektro-Versorgung für spezielle Events untergebracht.

 

Fazit aus Sicht der Planung

Die Landschaftsarchitekten Tobias Mann und Matthias Kimmel sind mit ihrem Projekt zufrieden. Es wurde von Anfang an gut angenommen, die Akzeptanz des Holzdecks ist hoch. Selbst die Denkmalpflege hat zugestimmt. Die technischen Anlagen funktionieren einwandfrei, das Wasser ist glasklar. Während der Wintermonate werden die Pumpen abgestellt, dann setzt eine gewisse Trübung des Wassers ein. Zu größeren Algenentwicklungen kam es nicht. Die Zusammenarbeit mit dem Bauherrn beschreibt Kimmel als konstruktiv und vertrauensvoll. Die Komplexität dieser vermeintlich einfachen Aufgabe haben die Planer zunächst unterschätzt. Insbesondere die biologische Wasseraufbereitung erfordert einschlägiges Know-how und einen erheblichen technischen Aufwand. Eine fachkundige Beratung war hier unerlässlich. Und es war gut und erforderlich, die Fachleute zu einem frühen Zeitpunkt einzubinden. „Es sieht so aus, als hätten wir nur ein Holzdeck hingestellt. Das Wesentliche liegt im Verborgenen“, sagt Tobias Mann.

Auch die Stadt Fulda ist mit der Neugestaltung sehr zufrieden. Die Bauleitung lag beim Grünflächen-, Umwelt- und Friedhofsamt und war, wie Amtsleiter Dirk Handwerk ausführt, sehr intensiv. „Wir haben an das Büro Mann und die Wassertechniker hohe Anforderungen gestellt.“ Aber das Ergebnis gibt ihm Recht. Die Resonanz der Bürger ist außerordentlich gut. Der Teich ist dicht und auch im Winter attraktiv. Nutzbarkeit und Unterhaltsfähigkeit haben sich verbessert. Der Unterhalt hat sich auf 20 bis 25 Prozent reduziert.
Es gab eine sehr gute, intensive Vorplanung, in die die später für die Wartung Verantwortlichen bereits eingebunden waren. So wurden schon sehr früh Probleme erkannt und gelöst. Es wurden Anforderungsprofile definiert und Schritt für Schritt entschieden. Ausführlich diskutiert wurde beispielsweise über den Einsatz eines Skimmers. „Da auch Kleinlebewesen angesaugt werden und im Herbst die Reinigung täglich erfolgen muss, entschieden wir uns dagegen. Stattdessen erproben wir nun die Reinigung im Frühjahr“, erläutert Dirk Handwerk. Auch auf die Unterwasserbeleuchtung wurde aus ökologischen Gründen verzichtet.

Ganz wichtig war die Abstimmung der Teichtechnik mit der Brunnentechnik. Beide Techniken laufen in der Brunnenstube zusammen. Fällt eine Pumpe aus, schickt das System eine SMS an die für Sanitär und Elektrik Verantwortlichen. An Sonn- und Feiertagen geht die Meldung an eine Wachgesellschaft, die sie an eine von der Stadt beauftragte Firma weiterleitet. Die verwendete Technik ist in einem Handbuch dargestellt. Die Einweisung des Wartungspersonals erfolgte schrittweise mit dem Baufortschritt. Die Brunnenstube hat eine eigene Lenzpumpe und Belüftung. Die vorbeugende Betriebstechnik ist vom technischen Aufwand eher gering, hat aber sehr große Bedeutung. Durch einen Wassereinbruch kann leicht ein Schaden von 80.000 Euro entstehen, so der Amtsleiter.

Auf die Lebensdauer angesprochen rechnet Handwerk bei dem Teich mit 50 Jahren, vorausgesetzt keiner macht etwas kaputt. Bei den Pumpen geht er von 20 Jahren aus. Sie wurden extra für eine Langlaufleistung optimiert. So wurden die Plastikzahnräder durch Edelstahlzahnräder ersetzt. Das Holzdeck müsste 40 Jahre halten. Gute Statik, guter Stahlbau, guter konstruktiver Holzschutz. Es schwebt über dem Wasser, die Luft kann zirkulieren.

"Es sieht einfach und leicht aus, ist aber sehr durchdacht."

Amtsleiter Dirk Handwerk

Der Schlossgarten ist die Perle in der Reihe der Fuldaer Grünanlagen und hat bei der Pflege die höchste Priorität. Aber trotz der Wertschätzung, die der Park im Bewusstsein der Bürger genießt, kommt es nachts zu Vandalismus. Dann werden Bänke umgeworfen, Skulpturen beschädigt, das Holzdeck beschmiert. In der Verwaltung denkt man daher darüber nach, den Park nachts abzuschließen.

Die Baumaßnahme wurde zu etwa 66 Prozent aus Mitteln des Bundes und des Landes Hessen im Rahmen des Städtebauförderprogramms „Aktive Kernbereiche in Hessen“ gefördert. Veranschlagt wurden Kosten in Höhe von 641.000 Euro, ausgegeben wurden letztendlich aber nur 578.000 Euro. Die Restsumme verwendet das Grünflächenamt, um die Randbereiche zu optimieren. So sollen noch die Kanten, Beläge und die Entwässerung der Wege instandgesetzt und die Bepflanzung fertiggestellt werden. Die Pflanzplanung – ein Folgeauftrag – machte das Büro Mann. Die Ausführung übernimmt das Grünflächenamt. 

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