Vier Kategorien – acht ausgezeichnete Parks und Gärten
Zum achten Mal fand 2017 die Verleihung des Europäischen Gartenpreises der Stiftung Schloss Dyck und des Europäischen Gartennetzwerkes EGHN statt – dieses Jahr am 15. September auf der IGA Berlin. Insgesamt 44 nominierte Gärten wurden der internationalen Jury vorgestellt – am Ende gab es vier Gewinner und vier zweite Preise.
Auch in diesem Jahr wurde der Europäische Gartenpreis wieder in vier Kategorien verliehen:
In der Kategorie „Beste Weiterentwicklung eines historischen Parks oder Gartens“ belegte ein Park in Russland den ersten Platz: Der PETERHOF in St. Petersburg.
Der im zweiten Weltkrieg von der deutschen Armee zerstörte und danach völlig vernachlässigte und in Vergessenheit geratene Peterhof wurde dank einfühlsamer Restaurierungs- und Erhaltungsmaßnahmen auf Basis historischer Belege wiedergeboren, dies auch unter Berücksichtigung von wirtschaftlichen und pflegerischen Aspekten. Es ist ein Garten der Gegensätze: visuell wie physisch beeindruckend, doch zugleich mit einem intimen Zauber. Heute ist Peterhof keine Kopie der früheren Gartenanlage, sondern ein Garten, der für sich allein einzigartig ist.
Die Gärten von LA BALLUE in Bazouges-la-Pérouse (Bretagne) erhielten einen der beiden 2. Preise. Die vom Manierismus beeinflussten Gärten wurden 1996 wiederentdeckt und restauriert. Die neuen Besitzer haben einen neuen Rhythmus der Gartenräume gestaltet, mit der unkontrolliert wachsenden Vegetation gespielt und das bereits vorhandene Spiel der wechselnden Perspektiven um ein Spiel von Licht und Schatten erweitert.
Ein weiterer 2. Preis würdigte die Restrukturierung des Friedhofs DE NIEUWE OOSTER (Neugestaltung durch karres en brands) in Amsterdam. Die Notwendigkeit, den jüngsten der drei Bereiche neu zu gestalten, führte zu einer neuen Struktur der gesamten Anlage. Der Kontrast zwischen den Bereichen wurde durch die äußerst moderne Gestaltung und Architekturen verstärkt. De Nieuwe Ooster kann als Musterbeispiel für viele andere Friedhöfe in Europa dienen, deren Modernisierung ansteht.
Erstmals gewinnt ein Dachgarten den 1. Preis in der Kategorie „Bestes Design oder Konzept eines zeitgenössischen Parks oder Gartens“: CROSSRAIL PLACE ROOF GARDEN in London (Design von Gillespies und von Foster + Partners). Der Garten thront oben auf einem fünfgeschossigen gemischt-genutzten Objekt, das unter dem Namen Crossrail Place bekannt ist und zu dem auch die Caray Wharf U-Bahn-Station gehört. Der Dachgarten wird von einem 310 Meter langen Dach aus Holzlatten geschützt, das Licht und Regen für die natürliche Bewässerung durchlässt. Der Garten zelebriert das maritime Erbe der Hafenviertel, in dem er ungewöhnliche Pflanzen aus der ganzen Welt zeigt. So vermittelt er seinen Besuchern das Gefühl einer echten Flucht aus ihrem urbanen Umfeld
PARCO DORA in Turin (Gestaltung von Latz + Partner), der aus Turins größter innerstädtischer Industriebrache hervorging, erhielt einen der beiden 2. Preise. Der Park umfasst fünf getrennte Bereiche, deren funktionale Unterschiede auf industriellen Relikten fußt. Brücken, Treppen und Rampen verbinden die unterschiedlichen Parkbereiche untereinander und mit den sie umgebenden Stadtvierteln.
Wohlverdient war auch der 2. Preis für NOSPR GARDENS (Gestaltung durch Konior Studio) in Katowice. Der Garten, der den Sitz des Symphonieorchesters des Polnischen Nationalradios (NOSPR) umgibt, regt die Menschen zum entschleunigen an – dank der 450 Bäume, der Springbrunnen und des Amphitheaters. Es gibt auch einen Irrgarten, in dem die Besucher im wahren Sinne des Wortes grüne Wände berühren können, die durch ihren Schnitt den Stadtplan von Katowice aus dem Jahr 1926 nachbilden.
Der „Sonderpreis der Stiftung Schloss Dyck“, der in diesem Jahr Bildungsaktivitäten in historischen Parks oder Gärten in den Mittelpunkt rückt, wurde an den GOTHENBURG BOTANICAL GARDEN in Schweden verliehen. Die Jury war beeindruckt von der Vielfalt der Bildungsaktivitäten für Kinder, die dort von einer Gruppe engagierter und fachkundiger Lehrer angeboten wurde. Der Botanische Garten unweit des Zentrums von Göteborg ist ein wunderschöner historischer Park mit einer großen Anzahl verschiedener Gärten, Landschaften und Gewächshäuser.
Es gibt für jede Jahreszeit ein Bildungsangebot für Kinder, sogar im langen Winter. Das Bildungsprogramm lädt Kinder dazu ein, mehr über einzelne Pflanzen und Pflanzenfamilien (sowohl in den Gärten als auch in den Laboratorien), über Natur und Biodiversität oder über die verschiedenen Landschaften der Erde zu erfahren. Aber es gibt auch viel Raum für Kreativität, kulturelle Aktivitäten, Spiel und Spaß.
Der 1. Preis für „Großräumige grüne Netze und Entwicklungskonzepte“ ging nach Kopenhagen für das Programm zur Klimaanpassung. Die Stadt strebt eine neue Art von städtischer Natur an, die Stadt und Natur, Gebäude und Biologie nicht als Gegensätze betrachtet. Stattdessen macht sie städtische Natur zu einem belebenden und einladenden Hybrid.
Einige der Maßnahmen verbinden die grünen und blauen Systeme der Stadt, indem sie eine zeitweise Flutung der Parks und Plätze gestatten. Die neuen Gestaltungselemente, die hierzu erforderlich waren, schaffen darüber hinaus neue öffentliche Räume von hoher Qualität, die Kopenhagen dabei unterstützen, weiterhin eine der weltweit lebenswertesten Großstädte zu bleiben.
Klimawandel ist auch eine der großen Herausforderungen für die Baumschule Lorenz von Ehren (Hamburg), Hauptsponsor des Europäischen Gartenpreises. „Unsere Kunden wünschen sich Bäume, die hohe Temperaturen, heftige Winde, Trockenperioden und Überflutungen überstehen. Am 7. September haben wir unser internationales Symposium zum Thema „Grünes Stadtklima” veranstaltet. Eine gute Ergänzung in diesem Zusammenhang ist, dass die acht Gewinner des Europäischen Gartenpreises Möglichkeiten der praktischen Umsetzung aufzeigen”, sagt Bernhard von Ehren.
„Berlin ist ein perfekter Ort für die Verleihungszeremonie”, so Christian Gruessen, Projekt-Koordinator des Europäischen Gartennetzwerks EGHN. „Es gibt zahlreiche historische Parks und Gärten in Berlin und dem benachbarten Potsdam, daneben die „IGA Berlin 2017”, die die neuesten Trends in der Landschaftsgestaltung und Gartenkultur zeigt und schließlich die “Gärten der Welt” mit einer Sammlung von Gärten, die aus der ganzen Welt und unterschiedlichen Zeitperioden stamen. Das ist ein richtiger Mikrokosmos. Genauso will der Europäische Gartenpreis die große Vielfalt von Parks und Gärten und deren Nutzen für die Gesellschaft aufzeigen und jene Personen und Institutionen würdigen, die sich für Gärten engagieren/um Gärten kümmern/denen Gärten am Herzen liegen.”
Jens Spanjer, Vorstand der Stiftung Schloss Dyck, denkt bereits an die nächste Preisverleihung: „Wir sind erfreut und geehrt, dass der Europäische Gartenpreis im Rahmen des Europäischen Kulturerbejahres 2018 vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien unterstützt werden wird. Ab 2018 werden wir in der Lage sein, außergewöhnliche Bemühungen in der Entwicklung von Kulturlandschaften sowie dem Schutz historischer Gärten zu würdigen und eine Reihe professioneller Workshops zu organisieren.”