Ausgezeichnet: „Lichtwaben“ für die Menschen

21. November 2017

Helle Straßenlaternen leuchten Fußgängern, Fahrradfahrern und Autos den Weg. Was für uns gut ist, das ist für die Tiewelt problematisch, denn viele Lebewesen sind nachtaktiv und stören sich an dem Licht. Außerdem sind die Betriebskosten für eine durchgehende nächtliche Beleuchtung hoch.

Die  Stadt Münster rüstet deshalb nach und nach alle Straßenlaternen auf LED-Leuchten um. Dabei untersuchen die Stadtwerke Münster und das Tiefbauamt derzeit auch, wie eine moderne, intelligente, energie- und damit kosteneffiziente Straßenbeleuchtung aussehen kann.

Die Stadtwerke Münster und das Tiefbauamt haben in Münster-Wolbeck auf einem Geh- und Radweg Straßenlaternen mit zwei Sensorsystemen ausgestattet. Fotos: FH Münster/FB Bauingenieurwesen

Prof. Dr. Birgit Hartz und Robin Kersten vom Fachbereich  Bauingenieurwesen der FH Münster begleiteten die Stadt Münster auf diesem Weg in einem achtmonatigen Projekt wissenschaftlich. Mit interessanten Ergebnissen:

Die Stadtwerke Münster und das Tiefbauamt haben in Münster-Wolbeck 19 Straßenlaternen auf einem rund 700 Meter langen Geh- und Radweg modernisiert. „Dort wurden LED-Leuchten eingesetzt und gleichzeitig zwei verschiedene Sensorsysteme angebracht“, sagt Projektleiter Kersten. Diese Sensoren sorgen für eine intelligente, sogenannte adaptive Beleuchtung. „Ist niemand in der Nähe eines Sensors, dimmt das Licht automatisch runter auf etwa 10 Prozent der tatsächlichen Leuchtkraft. Hält sich ein Verkehrsteilnehmer im Straßenraum auf, erkennen das die Sensoren, und das Licht strahlt heller – aber immer nur die Leuchte direkt neben dem Fußgänger und die beiden darauffolgenden Leuchten. Es entsteht also eine Lichtwabe, die den Menschen begleitet“, erklärt der wissenschaftliche Mitarbeiter. „Dementsprechend hoch ist auch das Energieeinsparpotenzial. Es liegt bei 70 Prozent.“

Infrarotsensoren als Mittel der Wahl

Die Projektpartner haben in Münster-Wolbeck Sensorsysteme zweier Hersteller getestet, an zwölf Leuchten einen Infrarot- und an sieben weiteren einen Radarsensor. „Infrarotsensoren erkennen Personen durch Wärmestrahlung, Radarsensoren reagieren auf Geschwindigkeit.“ Beide Systeme hätten relativ gut funktioniert. „Die Sensoren haben unabhängig von den Witterungsbedingungen überwiegend fehlerfrei gearbeitet, lediglich Kleintiere lösten teilweise Fehlschaltungen aus. Allerdings sprang der von uns getestete Radarsensor bei langsamer Geschwindigkeit, zum Beispiel von Fußgängern mit Rollator, nicht an. Unser Rat ist deshalb, für den Einsatzbereich Rad- und Gehweg Infrarotsensoren zu verwenden.“

Der Sensor sorgt dafür, dass das Licht automatisch gedimmt wird, wenn niemand in der Nähe ist.

Außerdem befragte Kersten mit seinem Team Anwohner und Nutzer. „Die Resonanz war überwiegend positiv. Die meisten Befragten fanden die Lichtwabe sehr angenehm, und wer in der Nähe des Weges wohnt, fühlte sich durch die adaptive Beleuchtung nicht gestört.“ Die Erkenntnisse der Forscher greift Andreas Groot-Körmelink vom Tiefbauamt der Stadt Münster gerne auf.

Weiteres Testprojekt in Planung

„Uns ist wichtig, ein System zu wählen, das von der Bevölkerung angenommen wird und das natürlich einwandfrei funktioniert“, sagt Groot-Körmelink. Demnächst läuft bereits das nächste Testprojekt, nun in einer Anliegerstraße in Münster – und auch dieses begleiten Kersten und Hartz von der FH Münster.  Und wer die intelligente Straßenbeleuchtung einmal selbst ausprobieren möchte, hat dazu in Münster-Wolbeck Gelegenheit. Auf dem Petersdamm, in Höhe des Schulzentrums und der beiden Supermärkte, sind die Sensoren an den Leuchten montiert.

Überzeugt hat das Pilotprojekt bereits auf dem Kongress der Deutschen Energie-Agentur dena in Berlin: Dort belegte es den 2. Platz beim Publikumspreis. Gesucht hatte die dena herausragende Vorhaben, die die Energieeffizienz verbessern und die Energiewende in besonderem Maße unterstützen.