Dachbegrünung 4.0: Was Dachgrün morgen leisten muss

31. August 2017

Dächer bieten in unseren Städten ein enormes Potenzial.

Dachbegrünung bedeutet „Schutz der Bausubstanz“, „ökologischer Ausgleich“ und oft auch „architektonisches Highlight“. Das ist die Basis für alle unterschiedlichen Facetten der Extensiv- und Intensivbegrünung der vergangenen Jahre.  Klimawandel, Urbanisierung und Flächenversiegelung verursachen immer größere Probleme in den Städten: zunehmende Starkregenereignisse mit der Folge von Überflutung, immer längere Trockenperioden, Überhitzung und zu hohe Feinstaubwerte erfordern ein Umdenken.
Zinco fasst die Antworten auf die anstehenden Anforderungen unter dem Begriff „Dachbegrünung 4.0“ zusammen. Die neuen Systeme heißen „Retentions-Gründach“, „Klima-Gründach“, „Bewässerte Extensivbegrünung“ und „Biodiversitäts-Gründach“, denen Zinco allesamt die „Kraft zu einer nachhaltigen strukturellen Veränderung im Bereich Dachbegrünung“ zuspricht.

Biodiversitäts-Gründach mit Totholz, Anhügelungen oder Wasserflächen. Fotos: Zinco GmbH

Was hilft bei Starkregen?

Dachbegrünung speichert Regenwasser und lässt es zeitverzögert abfließen oder verdunsten. Normale Extensivbegrünungen speichern 20 bis 40 Liter pro Quadratmeter (l/m²) Wasser, Intensivbegrünungen 50 bis 100 l/m². Das neue „Retentions-Gründach“ von ZinCo vervielfacht gezielt diesen Rückhalte-Effekt und gleicht damit Niederschlagsspitzen effektiv aus. Dies entlastet die Kanalisation und reduziert die Hochwassergefahr.
Unterhalb des eigentlichen Begrünungsaufbaus wird das neu entwickelte Floradrain FD 60 neo als Abstandshalter (Spacer) verwendet. Dieser ermöglicht eine Speicherung von annähernd 60 l/m² Wasser – zusätzlich zu der eingangs bezifferten Menge im eigentlichen Begrünungsaufbau. Das Wasser fließt dann über ein Drossel-Element langsam in einem definierten Zeitraum (zwischen 24 Stunden und mehreren Tagen) in die Kanalisation ab. Der über dem Spacer liegende Begrünungsaufbau hingegen stellt alle für das Funktionieren der Dachbegrünung wichtigen Aspekte sicher, wie Luft-Wasser-Haushalt im Wurzelraum, Dränage und Wasserspeicherung für die Pflanzen. So sind alle Dachbegrünungs- und Nutzungsformen möglich, auch Geh- und Fahrbeläge.

 

Das „Retentions-Gründach“ speichert große Wassermengen gezielt auf dem Dach und lässt dieses zeitverzögert in die Kanalisation abfließen.

Was hilft bei Überhitzung?

Zunehmende Versiegelung bewirkt auch, dass sich Innenstädte durch Wärmestrahlung stark aufheizen (Urban Heat Island Effect). Das „Klima-Gründach“ ist nun auf eine maximale Verdunstungsleistung ausgelegt, welche gerade in trockenen, heißen Perioden aktiv zur Stadtklimatisierung beitragen kann. Dazu muss der Bepflanzung kontinuierlich Wasser zur Verfügung stehen, das aus ökologischer Sicht Grauwasser sein sollte.
Für diese Aufgabe wurde die spezielle Pflanzengemeinschaft „Klima-Gründach“ im Rahmen eines DBU-Forschungsprojektes in Weihenstephan entwickelt. Kernelement ist das neue, zweischichtige Aquafleece AF 300, das über Tropfschläuche automatisch bewässert wird, in Kombination zum Beispiel mit dem Dränelement Floraset FS 50. Das unterseitig dichte Gewebe des Aquafleeces verteilt Wasser zuerst in der Fläche und lässt es erst durchtropfen, wenn das oberseitige Vlies flächig wassergesättigt ist. Durch kapillaren Aufstieg gelangt das Wasser in das darüberliegende Substrat und wird aktiv von den Pflanzen verdunstet.
Zum Vergleich: Ein ausgewachsener Stadtbaum mit einer Baumkrone von rund 100 Quadratmetern (m²) Oberfläche verdunstet etwa 300 bis 500 Liter pro Tag. Ein 100 m² großes „Klima-Gründach“ erzielt 700 bis 1.000 Liter pro Tag, also in etwa das Doppelte. Die Menge von 300 Litern pro Tag reicht übrigens aus, um das Luftvolumen eines Würfels mit einer Kantenlänge von 100 Metern um etwa 3 bis 5 Grad Celsius abzukühlen, je nach bereits enthaltener Luftfeuchte. Selbstverständlich beeinflussen Faktoren wie Gebäudehöhen, Windrichtungen und -geschwindigkeiten den Kühlungseffekt, der tatsächlich in den jeweiligen Häuser-Schluchten zu fühlen ist. Generell sorgt eine erhöhte Verdunstung aber immer für eine größere Kühlung.

Trockenperioden meistern

Durch den Klimawandel werden auch in Deutschland mehr Regionen als bislang mit längeren Trockenperioden konfrontiert, darunter etwa das Mainzer Becken oder der gesamte nordöstliche Bereich von Erfurt, über Magdeburg und Berlin bis nach Usedom. Dort liegen die Jahresniederschläge zum Teil deutlich unter 500 Millimetern (mm). Hier ist auch bei Extensivbegrünungen eine kostengünstige Bewässerung gefragt.
Entscheidender Bestandteil der „Bewässerten Extensivbegrünung“ ist ebenfalls Aquafleece AF 300, das über eine automatische Steuerung per Tropfschläuche bewässert wird, wenn der Regen ausbleibt. Wasserverteilung und kapillarer Aufstieg in das Substrat sorgen dafür, dass das Wasser direkt im Wurzelraum zur Verfügung steht. Im Gegensatz zu einer herkömmlichen Zusatzbewässerung von oben, wo Wasser an der Oberfläche verdunstet, ist daher der Wasserverbrauch erheblich reduziert. Ideal also für trockene Klimate – hier genauso wie im mediterranen Raum. Das anpassungsfähige System passt vom Null-Grad-Dach bis zu etwa fünf Grad Neigung.

Biologische Vielfalt fördern

Neben den neuen Systemen im Zeichen des Klimawandels ergänzt schließlich das „Biodiversitäts-Gründach“ das Spektrum von Dachbegrünung 4.0. Besondere Biodiversitäts-Module steigern die Biotop-Funktion. Dazu gehört das Modulieren der Substratoberfläche durch einzelne Anhügelungen mit einem humus- und nährstoffreicheren Substrat und die gezielte Auswahl von Futterpflanzen für Insekten und Vögel. Als wichtige Bereicherungen gelten zudem Strukturelemente wie abgestorbene Äste und Stämme, vegetationsfreie Flächen wie Sandlinsen und Grobkiesbeete sowie temporäre Wasserflächen. Sehr dienlich sind auch Nisthilfen wie Ins‧ektenhotels, Hummelnistkästen oder Ameisensteine. Mit der Zeit entsteht so ein besonders artenreicher und ökologisch wertvoller Lebensraum auf dem Dach. Auch bereits existierende, artenarme Begrünungen lassen sich mit diesen Modulen jederzeit in ein „Biodiversitäts-Gründach“ verwandeln. Mit den beschriebenen Lösungen können Dachbegrünungen grundlegend mehr leisten als bisher – ob im Neubau oder bei der Sanierung.