Seit langem macht sich die Qualitätsgemeinschaft Baumpflege und Baumsanierung (QBB) dafür stark, dass dem schonenden Umgang mit den Wurzeln von Straßenbäumen ebenso viel Bedeutung beigemessen wird, wie der Pflege von Baumkronen. Denn immer wieder nehmen Baumwurzeln irreparablen Schaden, wenn in direkter Umgebung von Straßenbäumen Tiefbaumaßnahmen durchgeführt werden. Dass dies auch anders geht, zeigt die QBB auf ihrer Internetseite am Beispiel der Hansestadt Hamburg. Ab sofort können kommunale Fachleute und Baumpflegebetriebe hier gratis ausführliches Material und konkrete Handlungsempfehlungen herunterladen, die detailliert darlegen, wie aktiver Wurzelschutz in Städten und Gemeinden erfolgreich praktiziert werden kann.
Durch Aufklärung die Bäume schützen
„Die Aufklärungsarbeit in diesem Bereich ist der QBB ungemein wichtig. Denn es ist in deutschen Städten und Gemeinden leider immer noch an der Tagesordnung, dass Tiefbaufirmen und Versorger bei ihren Abgrabungen das
Wurzelwerk von Bäumen so stark beschädigen, dass der Baum danach keine Überlebenschance mehr hat“, sagt der QBB-Vorsitzende Hans Rhiem. Die Baumkontrolleure, so der Fachmann weiter, würden in den meisten Fällen gar nicht darüber informiert, dass in unmittelbarer Nähe der von ihnen betreuten Bäume Bauarbeiten durchgeführt werden. Sie hätten somit keine Chance, rechtzeitig tätig zu werden und wüssten im Anschluss an die Bauarbeiten auch nicht, welche Bäume Schaden genommen haben und deshalb besonders behandelt und gepflegt werden müssen.
An Wurzeln verletzte Bäume werden schnell von holzschädigenden Pilzen oder anderen Schädlingen befallen, die die Wunden als Eingangstor nutzen. Die Folge: Der Baum wird von innen zersetzt, bis er nicht mehr standsicher ist und schließlich umstürzt. „Verkehrssicherheit beginnt und endet somit nicht in den Kronen der Bäume, sondern an ihren Wurzeln. Folglich sollten alle Kommunen dafür Sorge tragen, dass die Wurzeln der von ihnen betreuten Stadtbäume gesund bleiben“, appelliert Rhiem.
Das Hamburger Wurzelschutz-Konzept
Erkannt – und erfolgreich bewältigt wurde diese Herausforderung in Hamburg. Die Hansestadt steht seit vielen Jahren für einen vorbildhaften Umgang mit dem Thema Wurzelschutz. Hier haben die Zuständigen, auch in Zusammenarbeit mit Baumpflegeunternehmen der QBB, ein Modell entwickelt, bei dem in der Praxis alle Rädchen zum Schutz der Baumwurzeln nahtlos ineinandergreifen. Wie dieses erfolgreiche Konzept genau funktioniert, erläutert die QBB auf ihrer Internetseite. Interessierte können sich hier eine komplette Abhandlung zur praktischen Vorgehensweise in Hamburg herunterladen. Ergänzt wird die Empfehlung durch zahlreiche Skizzen, Formularvorlagen und Fotografien, die einzelne Schritte praxisnah und anschaulich erklären. „Wir möchten, dass alle Gemeinden, Städte und Fachfirmen Zugang zu diesem Material bekommen, damit möglichst viele Kommunen bald dem positiven Beispiel Hamburgs folgen“, begründet Hans Rhiem das kostenfreie Angebot.
Baumpfleger und Baufirmen arbeiten Hand in Hand
Die Wurzelbehandlung der Hamburger Stadtbäume wurde von der Hansestadt vor einigen Jahren in der Hamburger Baumschutzverordnung und in konkreten Arbeitshinweisen zu ihrer praktischen Umsetzung geregelt. Diese ordnen an, dass jede Tiefbaumaßnahme in der Nähe von Bäumen durch einen qualifizierten Baumpfleger begleitet werden muss. Die beauftragte Firma hat ihre Maßnahme beim jeweiligen Bezirksamt anzumelden, den zuständigen Baumkontrolleur in Kenntnis zu setzen und für die baumpflegerische Baubegleitung zu sorgen. Verstößt die Firma gegen diese Auflagen, stellt dies laut Hamburger Baumschutzverordnung eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit empfindlich hohen Geldstrafen geahndet werden kann.
Wird in Hamburg der Baumpfleger angefordert, beginnt er sofort mit den routinierten Vorbereitungen für die anstehende Baubegleitung. Hierfür erstellt der Fachmann zunächst ein sogenanntes „Wurzelprotokoll“. Entwickelt wurde dieses Protokoll, das inzwischen in ganz Hamburg etabliert ist, im Jahr 2011 von der QBB-Mitgliedsfirma Baumpflege Bollmann GmbH mit Sitz im hamburgnahen Ellerau. Im Wurzelprotokoll dokumentiert der Baumpfleger alle Maßnahmen, die er im Zuge seiner Baubegleitung zum Schutz der Baumwurzeln durchführt, und listet eventuelle Wurzelschäden oder Wurzelverluste auf. Sind die Tiefbauarbeiten beendet, bekommt der zuständige Baumkontrolleur bzw. der Baumbesitzer das Protokoll als Grundlage für künftige Baumkontrollen und Pflegemaßnahmen. Diese kann er dann gemäß dem aktuellen Wurzelzustand der Bäume bedarfsgerecht planen. Die Transparenz und die Zusammenarbeit aller an den Baumaßnahmen und der Baumpflege Beteiligten trägt in Hamburg Früchte: Obwohl in der Stadt überdurchschnittlich viele Straßenbäume wachsen, kommt es hier inzwischen überaus selten zu Unfällen, die durch nicht standsichere Bäume verursacht werden.
Den Wurzelschutz regeln
Der Schutz von Baumwurzeln bei Bauarbeiten wird bereits in zahlreichen bundesweit geltenden Regelwerken thematisiert und gefordert. Zum Beispiel in der ZTV Baumpflege, der DIN 18920 und der RAS-LP 4. „Die tatsächliche Umsetzung dieser Rechtsgrundlagen ist jedoch immer eine verwaltungstechnische Entscheidung und liegt somit in der Verantwortung der Städte und Gemeinden. Letztendlich sind sie es, die die Rahmenbedingungen für einen effektiven Wurzelschutz auf Baustellen schaffen müssen “, sagt Hans Rhiem. Die Zuständigen in den Verwaltungen, so der QBB-Vorsitzende, stünden aber mit dieser Herausforderung nicht allein dar, sondern könnten auf die Erfahrungen und die Beratung von Sachverständigen und qualifizierten Baumpflegeunternehmen im gesamten Bundesgebiet zurückgreifen. „Wir von der QBB bieten all denjenigen, die sich beraten lassen möchten, unsere Unterstützung an. Die Handlungsempfehlungen, die zum Download auf unserer Website bereitstehen, sind ein erster kostenloser Service. Die QBB kann darüber hinaus aber auch den Kontakt zu Experten und Beratern vermitteln, die bei der Entwicklung und Einführung von Modellen zum Wurzelschutz helfen“, sagt Hans Rhiem. Anfragen können an die QBB-Geschäftstelle im Haus der Landschaft in Bad Honnef, Telefonnummer 02224-770764, gestellt werden.