Integration von Flüchtlingen im GaLaBau

10. Dezember 2016

In Schleswig-Holstein und Hamburg bringt die Willkommenslotsin Özge Acar Geflüchtete und Fachbetriebe aus dem GaLaBau zusammen. Innerhalb eines halben Jahres konnte sie 20 Praktika vermitteln.

Schnuppertag bei den Landschaftsgärtnern: Ausbilder Gundolf Marré (links) befestigt das von Mohammadullah Adami (mitte) und Mohamed Kasem (rechts) verlegte Pflaster. Foto: Kottich
Schnuppertag bei den Landschaftsgärtnern: Ausbilder Gundolf Marré (links) befestigt das von Mohammadullah Adami (mitte) und Mohamed Kasem (rechts) verlegte Pflaster. Foto: Kottich

 

Norddeutscher Garten- und Landschaftsbau integriert Flüchtlinge in Fachbetriebe

Normalerweise werden in dem Klassenzimmer des Fachverbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Schleswig-Holstein (FGL S.-H.) angehende Landschaftsgärtner im Rahmen ihrer Überbetrieblichen Ausbildung unterrichtet. Heute jedoch sitzen an den Schulbänken zehn Schülerinnen und Schüler der Berufsintegrationsklasse 16-5 der Beruflichen Schule Pinneberg. Es sind Flüchtlinge zwischen 16 und 18 Jahren, die gemeinsam mit ihren Lehrern Alma Kazic und Felix Wolter zu einem beruflichen Schnuppertag nach Ellerhoop gekommen sind. Özge Acar, eine so genannte Willkommenslotsin, hat den Tag organisiert und arbeitet für die landschaftsgärtnerischen Fachverbände Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Sechs Lotsinnen und Lotsen gibt es aktuell deutschlandweit im Garten- und Landschaftsbau. Gefördert werden sie vom Programm „passgenaue Besetzung“ des Bundeswirtschaftsministeriums.

Netzwerke helfen bei der Auswahl passender Arbeitskräfte

„Ich berate aktuell die rund 215 landschaftsgärtnerischen Ausbildungsbetriebe in Schleswig-Holstein, Hamburg und Nordniedersachsen zu Fragen rund um die Beschäftigung von Geflüchteten“, erklärt die 26jährige Türkin Özge Acar, die selbst sechs Sprachen spricht. Acar selbst kam 2013  aus Istanbul nach Deutschland, um hier ihr Master-Studium „Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik“ zu beenden. Seit Juni 2016 ist Acar für den FGL HH und seit September auch für den FGL S.-H. unterwegs. Sie informiert die Mitgliedsbetriebe der Verbände über die rechtlichen Grundlagen und Möglichkeiten einer Beschäftigung von Geflüchteten. Und sie sucht für die Unternehmen unter den Flüchtlingen nach geeigneten Auszubildenden und Arbeitskräften.

Aktionen wie die Schnuppertage sind eine gute Möglichkeit, zwischen einem Betrieb und einem Geflüchteten eine passgenaue Beziehung zu finden. Özge Acar muss daher zielgerichtet Kontakt zu Flüchtlingen aufbauen, die das Potenzial und die Lust haben, künftig als Landschaftsgärtner/in zu arbeiten. Die Willkommenslotsin setzt hierbei auf professionelle Netzwerke. „Von Juni bis jetzt war ich bei elf Messen, die sich speziell an Geflüchtete richteten. Hier habe ich den Beruf des Landschaftsgärtners präsentiert, Flüchtlinge kennengelernt und vor allem Beziehungen zu Organisationen und Initiativen aufgebaut, die Flüchtlinge betreuen“, berichtet Acar. Mit ihren Netzwerkpartnern stellt sie nun immer wieder individuelle Projekte auf die Beine. Der Schnuppertag mit der Pinneberger Berufsintegrationsklasse ist ihre siebzehnte Aktion dieser Art.

Kommunikation ist alles: Sprachkenntnisse eröffnen berufliche Perspektiven

Die Willkommenslotsin Özge Acar assistiert Walid Nawabi (17) und Fahim Mohammed (18) beim Pflanzen von Bodendeckern.
Die Willkommenslotsin Özge Acar assistiert Walid Nawabi (17) und Fahim Mohammed (18) beim Pflanzen von Bodendeckern.

Über Fragebögen erfährt Özge Acar, woher die jungen Menschen stammen, wie gut sie Deutsch sprechen, ob sie anerkannt, geduldet oder Asylbewerber sind, welche Schulbindung und Qualifikationen sie haben und bis wann sie in Deutschland zur Schule gehen. „Bis zu ihrem 18. Lebensjahr werden die jungen Flüchtlinge in Deutschland beschult. Sie lernen in den Berufsintegrationsklassen vor allem die deutsche Sprache. Denn um eine Ausbildung beginnen zu können, müssen sie mindestens das in ganz Europa geltende Sprachniveau B1 haben“, erklärt der Berufsschullehrer Felix Wolter. An der Beruflichen Schule Pinneberg gibt es aktuell acht Berufsintegrationsklassen.

Damit die Flüchtlinge einen Eindruck davon bekommen, was sie bei einer Arbeit als Landschaftsgärtner erwartet, wird zuerst ein kurzer Ausbildungsfilm gezeigt. Anschließend gehen die Schüler in eine Übungshalle, wo die Ausbilder Adonis Andresen, Gundolf Marré und Holger Schacht warten. Unter professioneller Anleitung probieren die hauptsächlich aus Syrien und Afghanistan stammenden Flüchtlinge an vier Stationen typische landschaftsgärtnerische Tätigkeiten aus: ein Beet umgraben und bepflanzen, eine Pflasterfläche und eine Sitzbank aus Stein und Holz errichten und Vermessungen durchführen.

Flüchtlinge mit einem Ausbildungsvertrag bekommen in Deutschland für drei Jahre eine Aufenthaltsgenehmigung. Wenn sie ihre Ausbildung bestehen und danach angestellt werden, wird die Genehmigung zunächst um zwei Jahre verlängert“, sagt Özge Acar.

Auch die TASPO GARTENDESIGN wird sich in der ersten Ausgabe 01/2017 mit den Erfahrungen bei der Integration von Flüchtlingen in GaLaBau-Betrieben beschäftigen. Dabei werden GaLaBau-Betriebe in einem Portrait vorgestellt und nachgefragt, wie die Integration von Flüchtlingen dort gelingt.