Kann kommunale Grünflächenpflege zwischen Kostendruck und Aufgabenmehrung ökologische und betriebswirtschaftliche Aspekte vereinbaren? Eine Tagung der Gartenakademie Baden-Württemberg zeigte Mitte März 2016: Notwendig dafür ist einerseits auch die Unterstützung durch Bürger, Vereine und Firmen, zum anderen die überlegte Planung und Pflege der Grünflächen.
„Aussagen über die Wirtschaftlichkeit einzelner Verfahren (gegen unerwünschten Pflanzenaufwuchs) sind nur schwer zu verallgemeinern, weil sie abhängig sind von der Flächenbeschaffenheit und -gestaltung und den Witterungs‧bedingungen.“
Dr. Bernd Augustin, Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück
Die Tagung brachte aber auch zur Sprache: Wenn etwa der Herbizideinsatz bei der Unkrautbekämpfung durch alternative Techniken ersetzt werden soll, dann kommen auf die Kommunen höhere Kosten zu. Ganz offensichtlich ist das Thema gerade in kleineren Städten inzwischen angekommen. Doch was unternehmen die Städte konkret? Thomas Lehenherr, Umweltbeauftragter von Bad Saulgau, erläuterte die Umwelt- und Naturschutzarbeit seiner Heimatgemeinde. „Wir schaffen es, vor allem auch durch eine professionelle und intensive Öffentlichkeitsarbeit, unsere Bürger an den Prozessen zu beteiligen.“ Und zweitens: „Es gelingt uns natürlich auch, mit den Maßnahmen unser Umfeld und vor allem die Flächen unter städtischer Obhut attraktiver zu gestalten. Damit meine ich vor allem, dass unser Pflanzenwachstum nun viel artenreicher ist und dadurch auch mehr und verschiedene Insekten angezogen werden. Bad Saulgau wird ökologischer.“
Wie das konkret aussieht, dazu ergänzt Jens Wehner, Stadtgärtner in Bad Saulgau: „Wir haben es geschafft, die Entsiegelung von Verkehrsinseln nach und nach voranzutreiben. Pflaster oder Betonflächen werden aufgebrochen und entfernt, aufgefüllt wird mit an den jeweiligen Standort angepasstem Substrat. Entstehen können so kleine, artenreiche Grünflächen, deren Pflegebedürfnisse zudem überschaubar sind.“ Ein anderes Beispiel sind die Blumenwiesen, die in jüngster Zeit überall im Stadtgebiet entstanden sind. Zugunsten von üppigen Blütenteppichen wurden Einheitspflanzungen aus Zwergmispel und Spierstrauch gerodet.
Heimische Gehölze bei Neuanlage
Und bei Neuanlagen von Beeten wird darauf geachtet, dass diese aus mindestens 70 Prozent einheimischen Stauden bestehen.
Auch wenn in Bad Saulgau einige Bäume in Kooperation mit einem örtlichen Baumarkt gepflanzt wurden, fällt doch auf, dass in dem Kurort sehr viele Aktivitäten im Umwelt- und Naturschutz sowie bei der Grünflächenbetreuung unter der Regie städtischer Mitarbeiter laufen. Das führte dann auch in der sich an den Vortrag anschließenden Diskussion zu Fragen nach dem Budget. Viele der anwesenden Kommunalvertreter sahen sich angesichts schrumpfender Etats außerstande, Leistungen wie in Bad Saulgau zu erbringen. Ein großes Potenzial wurde dagegen in der Einbindung von Vereinen, Verbänden, Firmen und Einzelpersonen in die Arbeit rund um das Grün in einer Gemeinde gesehen.
Rosen: Auswahl und Pflege
Zum Thema Rosenpflege im öffentlichen Grün sprach Heiko Hübscher, Leiter des Rosengartens Zweibrücken im westlichen Rheinland-Pfalz. Hübscher ist nicht nur verantwortlich für die Planung und Kontrolle der Pflege der Rosengärten, sondern kümmert sich auch um die gestalterische Weiterentwicklung des Rosengartens und die Sortimentspflege.
Plakativ stellte er in seinen Ausführungen die aktuelle Realität im Pflegealltag vor. Große Flächen mit Massenverwendungen, ungünstige Standorte wie Verkehrsinseln und Straßenränder, die Schwierigkeiten des Stadtklimas sowie falsche Sortenwahl kennzeichnen viele Rosenpflanzungen in deutschen Städten und Gemeinden. Trotz oder gerade aufgrund dieser Herausforderungen rief er den anwesenden Kommunalvertretern zu: „Besser wird es nur, wenn Sie es ändern.“ Hübscher machte darauf aufmerksam, dass Rosen mehr als nur Bodendecker sind und jeder Grünverantwortliche zahlreiche Wahlmöglichkeiten hat. Besonders empfahl er, die Allgemeinen Deutschen Rosenneuheitenprüfungen (ADR) zu verfolgen und sich hier Anregungen zu holen. Gesunde Blütenmengen lassen sich laut Hübscher mit Strauchrosen erzielen.
Vegetationskontrolle
Um den Herbizideinsatz immer weiter zurückzudrängen, wird nach alternativen Methoden bei der Wildkrautbekämpfung gesucht und zu dem Thema auch intensiv geforscht. Neben der Bodenbedeckung, vorzugsweise mit Rindenmulch, werden auch Bodendecker wie Cotoneaster gezielt zur Wildkrautvermeidung genutzt. In Hinblick auf die Unkraut unterdrückende Wirkung seien sie ähnlich zu bewerten wie die Rindenmulchdecke.
Je nach Bodendeckerart fallen regelmäßig mehr oder weniger große Pflegemaßnahmen an, um übermäßigen Wuchs oder durchwachsende Wurzelunkräuter in Zaum zu halten. Es werden zudem mechanisch arbeitende Geräte zur Wildkrautbeseitigung angeboten, deren Wirkung abhängig ist von der Beschaffenheit der Oberfläche und der Witterung während der Bearbeitung. Die Verwendbarkeit thermischer Geräte ist im Vergleich zu mechanischen Verfahren weitgehend unabhängig von der Beschaffenheit der Oberfläche. Es können sowohl Platten- und Pflasterflächen als auch wassergebundene Flächen behandelt werden. Zu den angebotenen Produkten werden Abflammgeräte, Infrarotgeräte, Heißluftgeräte sowie Heißwasser- oder Heißdampfgeräte gezählt.
Wirtschaftlichkeit
Die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Verfahren ist in erster Linie abhängig von den Arbeitskosten. Der kostengünstige Einsatz der Herbizide beruht auf der vergleichsweise großen Arbeitsbreite und -geschwindigkeit, sowie der geringen Anwendungshäufigkeit. Bei 60 Zentimeter Arbeitsbreite und Schrittgeschwindigkeit sei ein Infrarotgerät etwa um den Faktor fünf bis zehn teurer als der Herbizideinsatz. Aufgrund der geringen Arbeitsbreite und -geschwindigkeit steige dieser Faktor bei Handarbeit oder dem Einsatz von Heißwasser-Kleinstgeräten etwa auf den Faktor 100. Durch die Verwendung größerer Anbaugeräte lasse sich diese Kostenrelationen sicherlich verbessern. Dies dürfte allerdings zu Lasten der Handhabbarkeit gehen, weil die Geräte wesentlich größer und damit weniger wendig werden.
Karsten Köber, projekkt.com, Karlsruhe