Dynamisches Wachstum

TITELTHEMA AUS DER AUSGABE September/Oktober 2017

Ökologie und Ökonomie verbinden – das war das Ziel, als die Immobilienspezialisten der ABB AG, die ABB Immobilien und Projekte GmbH, vor einem Jahrzehnt ein eigenes Nachhaltigkeitssystem entwickelten.

„Was es zur damaligen Zeit an Systemen gab, um beispielsweise Energieeffizienz zu beurteilen, bezog sich vor allem auf nachhaltiges Bauen“, erinnert sich Susann Schröder, Chief Financial Officer bei der ABB Immobilien und Projekte GmbH, die ihren Sitz im baden-württembergischen Ladenburg hat. Vorhandene Industriestandorte in ihrer Komplexität nach ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten zu bewerten, war damit nicht möglich.

Das „Modul K“ an der Kantine im ersten Jahr nach der Pflanzung mit Anaphalis triplinervis und Echinacea purpurea ‚Tomato Soup‘. Foto: Bettina Jaugstetter
 

Wunsch nach dem Optimum

Vor diesem Hintergrund entwickelte Dr. Stefan Beretitsch, Geschäftsführer der ABB Immobilien und Projekte GmbH, zusammen mit den Fachstellen eine Nachhaltigkeitsstrategie und nannte sie Green CREM (Corporate Real Estate Management). Im Fokus stehen dort das gesamte Portfolio von Bestandsimmobilien und dessen kontinuierliche Verbesserung. Auch wenn der Schwerpunkt von Green CREM auf der Energieeffizienz von Gebäuden liegt, spielen ebenso Verkehrs- und Freiflächen eine Rolle. Als der Standort Ladenburg unter ökologischen Gesichtspunkten geprüft wurde, bemerkte man hier zwangsläufig das Verbesserungspotenzial. 

Wünsche des Bauherrn

  • einheitliches Erscheinungsbild für die ABB-Standorte
  • modulares Freiflächenkonzept
  • Definition von Flächentypen, die auf andere Standorte übertragbar sind
  • repräsentative Flächen
  • Erholungsfunktion für die Mitarbeiter
  • stresstolerante, langlebige Pflanzen
  • wirtschaftlich zu pflegen

„Wir haben uns dann weitergehende Gedanken über die Verwendung und Aufwertung von Freiflächen gemacht“, sagt Schröder, die gelernte Gärtnerin im Blumen- und Zierpflanzenbau ist. „Wenn ich aus dem Bürofenster geschaut habe, sah ich vergilbten Rasen und versiegelte Flächen.“ Bei Fragen wie: „Wie groß ist der Artenreichtum?“, „Gibt es grüne Erholungsflächen für die Mitarbeiter?“, „Werden im Außenbereich Pflanzen mit besonderen Eigenschaften wie Schädlingsresistenz, Trockenheitstoleranz oder Bienenweide verwendet?“, konnte man in der Bewertung nur wenig Punkte erzielen. „Also haben wir uns überlegt, wie wir bei ABB vorgehen können, um die Freiflächen aufzuwerten, und nach dem Optimum gesucht.“ 

Der Wettbewerb

Aus diesen Überlegungen entwickelte sich ein Wettbewerb, für den man die Gartenakademie Baden-Württemberg als Partner gewann. Die Wettbewerbsbeschreibung beinhaltete den Wunsch nach einem modularen Freiflächenkonzept, das sich auf andere ABB-Standorte in Deutschland übertragen lassen sollte. „Wir erhofften uns ein innovatives Konzept und wollten den Wettbewerbsteilnehmern daher so viel Freiheiten wie möglich geben“, sagt Schröder. 

Am überzeugendsten war der Wettbewerbsbeitrag von Landschaftsarchitektin Bettina Jaugstetter, der aus definierten Freiflächentypen und standortangepassten Vegetationsmodulen bestand. „Wir haben dieses ‚Corporate Green Space Design‘, wie wir den Wettbewerbsbeitrag nannten, speziell für das Unternehmen entwickelt“, erklärt Jaugstetter. Basis war das Prinzip der Staudenmischpflanzungen, eine Idee, die in den 1990er-Jahren an grünen Fachschulen in Deutschland entstand und seither 
umfassend weiterentwickelt wurde. Im Gegensatz zur klassischen englischen Staudenpflanzung, bei der ein „Gartenbild“ dauerhaft erhalten bleiben soll, ist bei der Staudenmischpflanzung die Veränderung einkalkuliert. „Das Rezept, das dem Ganzen zugrunde liegt, ähnelt sich: Es gibt einen gewissen Anteil an Gerüstbildnern, Begleitstauden, Füllstauden und Bodendeckern“, verdeutlicht die Landschaftsarchitektin. 

Der Wettbewerbsbeitrag enthielt all das, was sich die Verantwortlichen bei der ABB vorstellten. „Die anderen Wettbewerbsteilnehmer hatten das modulare Konzept vor allem über die Funktion gelöst“, erinnert sich Susann Schröder. Da gab es beispielsweise Flächen mit Bäumen und Bänken zur Kommunikation, Essbereiche mit wassergebundenen Belägen und Raucherpavillons. „Es war viel Struktur und wenig Grün. Wir wollten Bereiche, in denen sich das Auge ausruhen kann. Des halb haben wir uns für den Vorschlag von Bettina Jaugstetter entschieden.“

Corporate Green Space Design

Für die ABB definierte Bettina Jaugstetter sieben Freiflächentypen, denen neun differenzierte Vegetationsmodule zugeordnet wurden. Die Staudenmischpflanzungsmodule sollten stresstolerant, langlebig und naturnah sein, die Pflegekosten im Rahmen bleiben. Für die Auswahl der Pflanzen wurden sowohl die Standortbedingungen als auch die Strategietypen nach Grimes (siehe Kasten Seite 39) berücksichtigt. Die Module bestehen inklusive der Geophyten aus fünfzehn bis zwanzig Arten. 
Unabdingbar bei der Planung nachhaltig attraktiver Staudenpflanzungen ist der Aspekt der Zeit. Welche Arten sind langlebiger, entfalten sich aber erst nach einigen Jahren; welche Arten sind kurzlebiger, gedeihen aber schon im ersten Jahr umso prächtiger? „Das muss man bei der Pflanzplanung gewichten“, sagt Jaugstetter. „So ist zum Beispiel Agastache foeniculum ‘Blue Fortune’ nach drei Jahren verschwunden, blüht aber schon im ersten Jahr richtig üppig. Der Kunde möchte schließlich nicht jahrelang warten, bis eine Pflanzung ansprechend aussieht.“
Die Dynamik der Staudenpflanzungen findet die Landschaftsarchitektin immer wieder faszinierend. „2011 haben wir auf dem ABB-Gelände die Werkseinfahrt bepflanzt, 2013 kamen einige Flächen mit den gleichen Arten in der Verlängerung dieser Achse. Es ist spannend zu sehen, wie sich diese Flächen unterscheiden.“ 

Herausforderungen beim Bau

Grünflächen in einem Industriebetrieb anzulegen – das war für Bettina Jaug¬stetter eine neue Erfahrung. Klar war, dass der laufende Betrieb nicht beeinträchtigt werden darf. „Was man Anwohnern im öffentlichen Bereich zumutet, beispielsweise Straßensperren, geht hier nicht.“ Neben dem reibungslosen Produktionsablauf musste auch die Sicherheit der Mitarbeiter gewährleistet werden. Das bedeutete höchste Ansprüche an gut sichtbare Absperrungen oder die Beleuchtung von Gefahrenstellen. Ebenso ist die ständige Kommunikation mit dem Auftraggeber wichtig. Wann sind beispielsweise Tagungen und wie gewährleistet man, dass trotz des Umbaus ausreichende Parkflächen für die Teilnehmer vorhanden sind? „Ein guter Bauzeitenplan ist hier ein Muss“, sagt Jaugstetter.
Einige Überraschungen gab es bei den Staudenlieferungen. „Ich kann Empfehlungen für Staudenlieferanten geben, letztlich entscheidet aber die beauftragte GaLaBau-Firma, von wem sie die Pflanzen bezieht.“ In der Regel kontaktieren die Staudengärtnereien die Planer vorab, manche melden sich aber auch nicht, und die Missverständnisse sind vorprogrammiert. „Einmal waren von zwanzig bestellten Staudenarten fünfzehn Ersatzlieferungen, einmal war es sogar ein komplett anderes Staudensortiment als gewünscht“, erinnert sich Jaugstetter. „Im März/April ist das auch nicht immer ganz einfach zu erkennen.“ Was tut man in diesem Fall als Planerin und Bauleiterin? „Als Pflanzenverwender muss ich da konsequent sein. Sonst gebe ich ja meine Planungshoheit letztlich an die Staudengärtnerei ab. Natürlich ist es jederzeit möglich, gemeinsam mit dem Produzenten Alternativen zu finden.“

Den gesamten Artikel lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der TASPO GARTEN-DESIGN.

 

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