Das Porträt: Geflüchtete packen mit an

TITELTHEMA AUS DER AUSGABE Januar/Februar 2017

Fachkräfte werden dringend gesucht. Geflüchtete können hier Lücken füllen, wie die Erfahrung aus zwei Betrieben in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg zeigen.

 

Für Johannes Martin Jeutter und seine Frau Nicole war es selbstverständlich, Geflüchtete bei ihnen im Betrieb im schwäbischen Göppingen aufzunehmen. Schon lange stellen sie auch Auszubildende ein, die sich schwer im Sozialgefüge zurechtfinden oder bereits mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind. „Wir möchten uns mit unserer Firma sozial einbringen, weil wir als Selbstständige mit vier Kindern für Ehrenämter momentan einfach zu wenig Zeit haben“, sagt der 50-Jährige.

Johannes und Nicole Jeutter geben auch schwächeren Bewerbern eine Chance.
Johannes und Nicole Jeutter geben auch schwächeren Bewerbern eine Chance.

Also kommen in dem Betrieb mit 20 Mitarbeitern und momentan sechs Auszubildenden bewusst auch immer Bewerber unter, die bei anderen Arbeitgebern kaum eine Chance haben. „Wir suchen uns schon die handwerklich Geschickten heraus, die grob- oder feinmotorische Fähigkeiten besitzen, auf denen sich aufbauen lässt.“ Dennoch kommen sie oft zu spät, fehlen unentschuldigt oder sind viele Wochen im Jahr krankgeschrieben.

Pädagogisch geschulte Vorarbeiter oder auch Quereinsteiger aus sozialen Berufen können damit umgehen. Sie schaffen es, den jungen Menschen zwischen 15 und 17 Jahren trotz aller Probleme zu vermitteln, dass es Spaß machen kann, Leistung zu zeigen. Auch wenn ein Azubi es zum zehnten Mal nicht schafft, pünktlich zur Arbeit zu erscheinen – wenn er anschließend gute Arbeit leistet, kann er am Nachmittag erhobenen Hauptes aus dem Betrieb gehen, weil die Kollegen das trennen können, berichtet Jeutter. Selbst wenn viele die Ausbildung nicht bis zum Ende schaffen (die Abbruchquote der schwierigen Fälle liegt bei mehr als der Hälfte), haben die Jugendlichen Arbeitsstrukturen kennengelernt und die Erfahrung gemacht, dass Arbeit Spaß machen kann.

Der Betrieb

Gärtnerhof Jeutter
Schinderhalde 1, 73035 Göppingen
www.gaertnerhof-jeutter.de

Zahl der Mitarbeiter: 18
Zahl der Auszubildenden: 6

Schwerpunkt auf Planung, Bau und Pflege von Privatgärten mit teilweise selbst kultivierten Nutz- und Zierpflanzen sowie ausgewählten Naturmaterialien. Unternehmen mit ökologischer und ganzheitlicher Orientierung.

Geflüchtete_Portait
Keba Pape Ami bei Pflegearbeiten mit Vorarbeiter und Agrarbiologe Michael Maier.

„Die Jungs lernen bei uns ein Arbeitsgefüge kennen, das mit Spaß an der Arbeit Fehler auch zum wiederholten Male verzeiht. Das belohnt, aber auch irgendwann bestraft beziehungsweise einen Schlusspunkt setzt.“ Und nicht selten kommen die jungen Frauen oder Männer nach Jahren zurück, um sich zu bedanken. Durch ihr Engagement in der Ausbildung und die Bereitschaft, auch Herausforderungen anzunehmen, sind der 50-Jährige und sein Team offen für Geflüchtete.

 

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