Wurzelschäden zum Anfassen

2. März 2018
Jens Sander vor einem Exponat von Uwe Thomsen, das veranschaulicht, wie eine nachträgliche Erhöhung des Erdniveaus beim Baum Fäulnis und Sauerstoffmangel hervorruft. Foto: Sander

 

Wie pflanze und pflege ich Bäume richtig?

Die Ausstellung von Uwe Thomsen zeigt und beschreibt detailliert klassische Kunstfehler in der Baumpflege. Foto: Baumpflege Thomsen

In Schleswig-Holstein kennt man sich in der Baumbranche. Und man weiß – wie in anderen Bundesländern auch – um die Probleme, die mangelnde Fachkenntnisse im Umgang mit Bäumen immer wieder mit sich bringen.  Jens Sander, Inhaber der Baumschule E. Sander in Tornesch, und Uwe Thomsen, Baumpfleger mit eigenem Betrieb in Pinneberg sehen sich seit Jahren in der Pflicht, ihr Wissen an den Fachmann zu bringen. Oder eben gerade nicht an den Fachmann, denn: „Eines unserer Hauptprobleme ist doch, dass die Leute, die heute in der Praxis mit der Pflanzung und Pflege von Bäumen betraut sind, oftmals nicht über das nötige Fachwissen verfügen. Viele Bäume nehmen bereits beim Transport und Abladevorgang so großen Schaden, dass ihr Schicksal besiegelt ist, bevor sie überhaupt eingepflanzt werden. Oder die Gehölze werden nicht richtig verpflanzt oder falsch gepflegt, so dass sie später keine Überlebenschance haben“, bringt es Jens Sander auf den Punkt.

60 Seminarteilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet kamen für das Seminar in die schleswig-holsteinische Baumschule Sander. Foto: Sander

Dem Baumschuler ist diese Entwicklung schon lange ein Dorn im Auge. „Ich ziehe meine Bäume groß und weiß genau, was sie brauchen. Und ich versuche, diese Informationen weiterzugeben, damit unsere Bäume ein langes, gesundes Leben vor sich haben“, sagt er. Uwe Thomsen, dem als Baumpfleger immer wieder die traurige Aufgabe zukommt, tote Bäume zu beseitigen, sieht das genauso. Während Sander in seiner Baumschule einmal pro Jahr ein Seminar gibt, sammelt Thomsen Exponate klassischer Kunstfehler, die er konserviert und auf Schulungsveranstaltungen wie den Deutschen Baumpflegetagen zeigt. Am 24. Februar 2018 fand in Sanders Baumschule in Tornesch das erste gemeinsame Praxisseminar für all diejenigen statt, die mit Bäumen arbeiten. „Die Resonanz war sehr gut“, berichtet Uwe Thomsen. „Es haben sich 60 Teilnehmer angemeldet, die aus der näheren Umgebung, aber zum Beispiel auch aus Berlin, Cottbus, Hannover und Mecklenburg-Vorpommern angereist sind. Es waren Planer, Landschaftsgärtner und Mitarbeiter von Bauhöfen, Straßenbau- und Grünflächenämtern. Und sie haben genau die Leute geschickt, die am Baum arbeiten!“  

Im theoretischen Teil des von Sander und Thomsen konzipierten Seminars standen Baumpfleger und Baumschuler aus den eigenen Betrieben Rede und Antwort. Zum Beispiel bei folgenden Fragen: Wie sollten Bäume auf der Baustelle gepflanzt und gepflegt werden? Was gilt es zu beachten, und welche Irrtümer halten sich besonders hartnäckig? Unter dem Titel „Wurzelschäden zum Anfassen“ informierten die Experten über häufige Ursachen für die Schädigung von Baumwurzeln und effektive Möglichkeiten zur Vorbeugung. Plastisch abgerundet wurden die Inhalte durch Uwe Thomsens Exponate. „Wir konnten hier an ehemals lebenden Objekten zeigen, welche dramatischen Auswirkungen eine nicht fachgerechte oder nicht stattfindende Baumpflege haben kann“, berichtet Uwe Thomsen. So zeigt ein Ausstellungsobjekt, wie Containerbäume bei unsachgemäßem Wurzelschnitt Ringwurzeln ausbilden, mit denen sie sich selbst strangulieren. Weitere Exponate veranschaulichen, wie zu tief gepflanzte oder nachträglich mit Erde überfüllte Bäume am Stamm und an den Haltewurzeln zu faulen beginnen, um schließlich an Sauerstoffmangel und an der Fäulnis zugrunde zu gehen. Die große Bedeutung, die dem Wurzelschutz bei Tiefbauarbeiten zukommt, war ebenfalls Teil des Theorieteils, in dem die Teilnehmer immer wieder in den Dialog mit den Referenten traten. „Nach der Theorie kam dann die Praxis“, berichtet Jens Sander. Auf dem Gelände seiner Baumschule trainierten die Seminarteilnehmer unter anderem den schonenden Transport und den Abladevorgang von Bäumen und einen fachgerechten Kronen- und Wurzelschnitt. 

Am Ende ihrer ersten gemeinsamen Praxisfortbildung konnten Uwe Thomsen und Jens Sander zu Recht zufrieden sein: „Dass unser Seminar in kürzester Zeit ausgebucht war und die Leute teilweise von weit her gekommen sind, zeigt uns, dass der Bedarf nach praxisnaher Information in diesem Bereich sehr groß ist und ein Umdenken in Richtung eines bewussteren Umgangs mit Bäumen stattfindet. Das freut uns sehr und wir möchten auch andere Fachleute dazu animieren, ähnlich Schulungen in Deutschland anzubieten“, so das Fazit von Uwe Thomsen. Jens Sander ergänzt: „Wir werden weitermachen. Im Moment produziert unsere Baumschule gemeinsam mit Partnern einen 24seitigen Leitfaden, den wir künftig gratis mit all unseren Bäumen mitliefern werden. Er enthält viele Zeichnungen, Fotos und Tipps, wie man Bäume langfristig gesund erhalten kann. Und auch 2019 wird es ein Seminar geben. Wir müssen alle daran arbeiten, dass Baumpflege künftig besser und nachhaltiger funktioniert. Denn nur so werden uns insbesondere in den Städten die Bäume langfristig erhalten bleiben“.